24.11.2010

Nordkorea greift südkoreanische Insel an





Um 14:34 Uhr Ortszeit begann die Demokratische Volksrepublik Korea die südkoreanische Insel Yeonpyeong eine Stunde lang mit mehr als 100 Artelleriegranten zu bombardieren, von welchen 50 die Insel direkt trafen. Auf der Insel, die Standort einer südkoreanische Militärbasis ist, leben knapp über 1000 Menschen, größtenteils Fischer mit ihren Familien. Zwei südkoreanische Soldaten wurden getötet, dutzende wurden verletzt, darunter auch drei Zivilisten. Mehr als 50 Häuser gerieten in Brand. Das südkoreanische Militär reagierte auf die Bombardierung mit Geschützfeuer.
Viereinhalb Stunden zuvor hatte Südkorea mit einer regulären militärischen Übung in den Gewässern um die Insel begonnen. Bereits davor hatte Nordkorea den Süden vor einer derartigen "Provokation" gewarnt.

Der südkoreanische Präsident Lee kündigte im Falle weiterer nordkoreanischer Aktivitäten eine "enorme Vergeltung" an. Unterdessen macht der Norden über den Internetauftritt seiner staatlichen Nachrichtenagentur KCNA deutlich, dass Südkorea der Provokatur gewesen sei. Dort ist zu lesen:
The south Korean puppet group perpetrated such reckless military provocation as firing dozens of shells inside the territorial waters of the DPRK side around Yonphyong Islet in the West Sea of Korea from 13:00 on Nov. 23 despite the repeated warnings of the DPRK while staging the war maneuvers for a war of aggression on it codenamed Hoguk, escalating the tension on the Korean Peninsula. [...]
The revolutionary armed forces of the DPRK standing guard over the inviolable territorial waters of the country took such decisive military step as reacting to the military provocation of the puppet group with a prompt powerful physical strike.
It is a traditional mode of counter-action of the army of the DPRK to counter the firing of the provocateurs with merciless strikes.
Should the south Korean puppet group dare intrude into the territorial waters of the DPRK even 0.001 mm, the revolutionary armed forces of the DPRK will unhesitatingly continue taking merciless military counter-actions against it.
It should bear in mind the solemn warning of the revolutionary armed forces of the DPRK that they do not make an empty talk. [...]

Nordkorea droht und provoziert weiterhin und propagiert sich selbst als Opfer. Sollte die "südkoreanische Marionettenregierung" in nordkoreanischen Gewässer auch nur zu "0.0001 mm" eindringen, würde die nordkoreanische Armee mit einer "gnadenlosen militärischen Gegenmaßnahme" reagieren.
Da zuvor eine südkoreanische Militärübung stattfand, wäre es durchaus möglich, dass  Granaten nach nordkoreanischer Grenzziehung in nordkoreanischen Gewässer niedergingen. Doch dies rechtfertig keinesfalls eine derart gezielte und hinterhältigte Reaktion seitens Nordkoreas. Nordkorea schoss gezielt mehr als 100 Granaten auf eine südkoreanische Insel und nahm damit nicht nur die Ermordung von Soldaten, sondern auch von Zivilisten in Kauf.

Für die Gründe des nordkoreanschen Angriffs finden sich wie immer nur Spekulationen.  Diesmal scheint die Lage aber noch verworrener. Dass der Angriff von offizieller nordkoreanische Seite nicht abgesegnet wurde, sprich irgendein nordkoreanischer General eigenmächtig gehandelt hat, kann größtenteils ausgeschlossen werden. Dies lässt sich beispielsweise auf die doch sehr rasche Reaktion der staatlichen Nachrichtenagentur  zurückführen (die sich im Falle der Cheonan einige Zeit mit einer Meldung zurückhielt). Es scheint eher für eine geplante, von hoher Stelle genehmigte, Reaktion zu sprechen.
Aber warum? Hätte man Aufmerksamkeit gewollt, wäre es da nicht eventuell überlegter gewesen einen  weniger brutalen Zwischenfall während des G20-Gipfels in Seoul vor eineinhalb Wochen zu inszenieren, statt wie jetzt tatsächlich eine Eskalation in Kauf zu nehmen? Besteht ein Zusammenhang zur Machtübergabe an Kim Jong Un oder zur Enthüllung der neuen Urananreicherungsanlage? Will man Südkorea zum Einlenken bringen und Stärke beweisen? Ist man über die erneuten US-Sanktionen frustriert?

Nordkorea hat mit diesem Angriff eine weitere Grenze überschritten. Bereits mit der Versenkung der Cheonan im März überraschte Nordkorea den Süden und den Rest der Welt. Nun aber vollkommen offensichtlich einen Angriff auf eine südkoreanische Insel auszuführen und dabei nicht einmal vor der Ermordung von Zivilisten zurückzuschrecken, treibt die koreanische Halbinsel geradewegs in einen unausweichlichen Krieg. Eine militärische Reaktion des Südens wäre nun durchaus nachvollziehbar, aber eventuell genau das, was Nordkorea anstrebt. Wenn aber nicht einmal das Versenken der südkoreanischen Korvette Cheonan eine Kriegserklärung war, und nun das Beschießen von Zivilisten, was ist dann eine Kriegserklärung? Die Einnahme einiger Inseln? Der Einmarsch in Seoul?
Was will Nordkorea mit einem derartigen übertriebenen Angriff bezwecken? Will die Führung wirklich einen Krieg mit einem heorischen Abgang provozieren, welcher definitiv den Untergang des Regimes einläuten würde, oder nur einen begrenzten Konflikt, um vor innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken? Oder geht es eventuell um etwas ganz anders? Herrscht Uneinigkeit in der Führungsriege? Will man testen, wie weit man gehen kann? Amüsiert sich das Militär und Kim Vater und Sohn über jede Verurteilung und Entrüstung, die sie von einem Staatschef erhalten? Will sich Kim Jong Un Respekt beim Militär verschaffen?
Es ist manchmal  fraglich, ob man dem Regime und seinen Schergen in irgendeiner Weise noch "Rationalität" mit dem Ziel der Regimeaufrechterhaltung unterstellen kann.

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Joshua Stanton bei OneFreeKorea schlägt als Reaktion auf den nordkoreanischen Angriff entweder die gezielte Zerstörung militärischer Einrichtungen im Norden vor, die eine direkte Gefahr für den Süden darstellen würden, oder das endgültige Ende für Kims Regime auf nicht-militärischen Wege über die Kräfte des Marktes und der Freiheit.

Zettel erinnert Nordkoreas Verhalten an die Politik Hitlers, der immer wieder die Schmerzgrenze der Alliierten erneut testete. Denn bei Stratfor lässt sich lesen:
Over the years, North Korea has slowly moved the “red line” regarding its missile program and nuclear development. It was always said that North Korea would never test a nuclear weapon because it would cross a line that the United States had set. Yet North Korea did test a nuclear weapon in October 2006, and then another in May 2009, without facing any dire consequences. This indicates that the red line for the nuclear program was either moved, or was rhetorical. The main question after the Nov. 23 attack is whether Pyongyang is attempting to move the red line for conventional attacks. If North Korea is attempting to raise the threshold for a response to such action, it could be playing a very dangerous game.

[...]

What is it that South Korea is afraid of in the North? North Korea gives an American a guided tour of a uranium enrichment facility, then fires across the NLL a couple of days after the news breaks. The South does not respond. It seems that South Korea is afraid of either real power or real weakness in the North, but we do not know which.

Das nichts passiert ist, würde ich so nicht sagen. Schließlich gab es erneute, durchaus vielversprechende Sanktionen. Nordkorea treibt ein mysteriöses und sehr gefährliches Spiel.
Erst ermordete man im März diesen Jahres 46 Seeleute der Cheonan, nun bombardierte das Regime hinterhältig eine südkoreanische Insel mit Zivilisten. Was folgt als nächstes?

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Leider habe ich kaum Zeit mich gerade näher mit dem Blog und der Lage um die koreanische Halbinsel zu befassen, daher hier noch einige Links:

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