22.09.2008

Die Liebe zum Widerstand

"Sie lachen nicht. Lachen ist ein Unterdrückungsmittel der Bourgeoisie. Wer lacht, ist ein Imperialist. Dafür basteln sie Panzer und Flugzeuge aus Pappe. Das macht ihnen Spaß."

Unter dem Motto "Dem Frieden eine Chance, Truppen raus aus Afghanistan." fanden am Wochenende in Berlin und Stuttgart Demonstrationen statt, die den Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan forderten, aber primär gegen das System, den Kapitalismus, den "Imperialismus" und die USA hetzten. Die Menschen in Afghanistan rückten dabei ziemlich in den Hintergrund.
Korrekterweise hätte es heißen müssen "Den Taliban eine Chance, Truppen raus aus Afghanistan. Für die Errichtung eines islamofaschistischen Talibanstaates". Im Endeffekt ein Plädoyer für Burqas, für die Unterdrückung der Frau, für die Einführung der Scharia und folglich für barbarische Bestrafungen. Gebt den Afghanen die Scharia wieder! Gebt den Frauen ihre Burqas wieder und nehmt den Frauen die Rechte! Nehmt allen den Alkohol und die medizinische Versorgung! Zerstört die Brunnen, die mit imperialistisch-faschistischer US-Hilfe gebaut wurden! Verbietet ihnen das Tanzen! Ganz nach dem Motto "back to the roots".
Das ist es, was die Demonstranten doch eigentlich fordern und damit befreien sie sich von ihrer Verantwortung gegenüber anderen Menschen. Das ist der neue Antifaschismus. Antifaschismus in diesem Sinne heißt egoistisch sein, heißt an sich denken, heißt den Status Quo zu lieben und das Leid anderer ignorieren.

"Was kümmern mich die Afghanen, wenn erstmal die Bundeswehr weg ist?" müsste es außerdem heißen. Genauso viel wie die Somalis, die Baha'i oder die Karen. Nämlich gar nichts.
"Was haben wir da verloren, da am Hindukusch, was kümmert es uns, sollen die sich doch alle abschlachten!" Ist das Widerstand? Ist das Antifaschismus? Ist das Pazifismus? Nein, das ist resignative Glechgültigkeit jedem einzelnen Afghanen, Somali oder Baha'i gegenüber.
"Warum den Kopf hinhalten?" Genau, warum? Warum sollte man sich um die Afghanen am Hindukusch kümmern? Die leben doch da eh ohne Kontakt zur Außenwelt in irgendwelchen Stämmen. Das soll gefälligst so bleiben. Die wollen das doch gar nicht anders. Das ist alles kulturell bedingt. Die wollen nicht frei sein. Die afghanischen Frauen wollen sich gar nicht freibewegen, die Mädchen nicht zur Schule und sich komplett zu verhüllen ist genetisch bedingt.
Man selbst ist selbstverständlich viel mehr wert als ein Afghane, vor allem wenn man sich für diese bei einer Demonstration engagiert. Man mutiert zu einem Übermenschen, man befreit sein Gewissen anderen Menschen etwas aufgedrängt zu haben, indem man ihnen die Freiheit nimmt selbst entscheiden zu können. Die Truppen aus Afghanistan abzuziehen würde bedeuten, den Menschen all jenes wieder aufzudrängen, was sie niemals haben wollten. Eine Frau hat nun die Wahl eine Burqa zu tragen oder nicht. Sie hat die Wahl! Zuvor hätte sie nur die Wahl gehabt sich zu verschleiern oder hingerichtet zu werden. Ist das Antifaschismus? Was davon ist nun besser? Wer betreibt hier eigentlich eine menschenverachtende Politik?

Alternativen werden im Übrigen auch keine vorgestellt. Sind die Truppen erstmal abgezogen wird sich das Problem sozusagen von selbst lösen. Genau, die Taliban übernehmen langsam wieder die Macht im instabilen Afghanistan, unterdrücken Frauen und Dissidenten und es herrscht wieder harmonischer Frieden am Hindukusch (Hinrichtungen inklusive). Von Aufständischen wird niemand irgendetwas hören und die Deutschen werden vom nächsten Anschlag der Islamofaschisten verschont bleiben. Ob ein Mädchen dann zur Schule gehen kann oder Frauen sich frei bewegen dürfen, kann dem antiimerpialistischem Kämpfer egal sein, denn er kämpft nicht für die Menschen, sondern gegen das System. Hauptsache der böse Satan beutet andere Staaten nicht mehr aus und man macht sich selbst nicht zu seinem Knecht und somit mitschuldig an einem menschenverachtenden System. Viva la revolution! Ich könnt' mich übergeben! Welch eine Illusion! Durch den Abzug macht man sich mit mitschuldig an einem menschenverachtenden System, nicht andersrum!

Ich bitte daher darum diesen Antifaschismus, diesen Pazifismus, diese Perversion ersteinmal nicht in Afghanistan, sondern in irgendeinem wenig bevölkertem Teil auszuprobieren. Hmm... am besten in Mecklenburg-Vorpommern. Alle friedliebenden Demonstranten, die gegen den großen Satan und seine Freunde wettern, werden dort angesiedelt. Dann importiert man ein paar Taliban, zerstört davor noch jegliche Infrastruktur und Krankenhäuser und dann kann's losgehen mit "dem Frieden eine Chance". Viel Spaß!

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