19.06.2008

Re: Märchenstunde

Bad Blog: Zirkumflexs Märchenstunde - Kritik am Artikel "Uiguren? Osturkestan? Tibet!"

Danke für die Kritik, ich nehme sie mir zu Herzen und möchte deshalb auf die einzelnen Kritikpunkte näher eingehen:

a) Niemand kümmere sich um die Uiguren
Damit wollte ich nur darauf aufmerksam machen, dass die Uiguren vielen Menschen kein Begriff sind. Mir ist durchaus klar, dass sich gewiss diverse Organisationen und Persönlickeiten um die Freiheit der dortigen Uiguren bemühen. Das ganz war nur eine sprachliche Hyperbel, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Der ganze Artikel diente nur als ein prägnante Zusammenfassung für den Zeit-Artikel.

b) Gleiche Unterdrückung wie die der Tibeter
Diese Aussage habe ich sicherlich nicht in meinem ganzen Artikel getätigt. Mir ist es durchaus bewusst, dass ein so großer und vielbevölkerter Staat wie China alles versucht, um die Stabilität im Land aufrecht zu erhalten. Dass dabei aber die Freiheit der einzelnen Bürger darunter zu leiden hat, ist keine Rechtfertigung.

c) Quelle zum toten Geschäftsmann, der in Haft verstorben ist
Die Quelle ist unten angeben und stammt von Zeit.de, auf deren Artikel ich mich berief.
" – dem Tod eines uigurischen Geschäftsmannes in Polizeihaft – und an einem Verbot des Schleiertragens."

Es gibt auch andere Quellen. Natürlich, vielleicht starb er an einem Herzanfall wie es offiziell von China heißt.
"Der wohlhabende Geschäftsmann Mutellip Hajim war verhaftet worden, weil er Familien inhaftierter politischer Gefangener finanziell unterstützt haben soll. Als der Leichnam des 38 Jahre alten Vaters von acht Kindern am 3. März seinen Angehörigen übergeben wurde, erklärten die Behörden, er sei an Herzversagen gestorben."

Weitere Quelle: CECC

Einer von vielen Chinesen, welche in der Haft sterben.
Ob der Geschäftsmann nun tatsächlich "separatistische Kräfte" unterstützt hat, ist nicht klar. Aber dies ist keinesfalls eine Rechtfertigung für Folter und Tod.

d) Schleier in China
Grundsätzlich bin ich für einen gewissen Grad an Religionsfreiheit. Also wenn eine Muslima darauf besteht ein Kopftuch zu tragen, dann soll sie dies gefälligst tun dürfen. Ein Verbot im öffentlichen Bereichen - wie in der Türkei - ist durchaus m.E. akzeptabel, da sie das Kopftuch privat immer noch tragen darf/kann. Es aber grundsätzlich in allen Lebensbereichen zu verbieten, geht zu weit. Ich konnte leider keine Quellen finden, wie das Verbot in China genau aussieht. Handelt es sich "nur" um ein angebrachtes (!) Verbot der Ganzkörperverschleierung oder um ein generelles Verbot jeglicher Tücher als Kopfbedeckung sobald man das Haus verlässt (letzteres halte ich für wahrscheinlich)?

Außerdem sollte mit der Aussage des Weiteren erreicht werden, dass sich China nicht ansatzweise Gedanken zu Verboten macht wie es in westlichen Ländern der Fall ist - auch nicht durch die Olympiade.

d) Al-Qaida in China
Ich wollte definitiv nicht leugnen, dass in China nicht Al-Qaida oder ähnliche Terrororganisationen aktiv sind, nur eben, dass die chinesische Regierung diesen Verdacht dazu missbraucht, um die dortigen Muslime willkürlich zu demütigen.
"Immer wieder war es in der Provinz zu Anschlägen gekommen, man vermutet bei den uigurischen Aktivisten eine Nähe zu Al-Qaida."

... schrieb ich und mit "man" meinte ich nicht die chinesischen Behörden, sondern diverse Experten, welche ebenfalls der Ansicht sind und Recht haben (Ich gebe es ja zu, "vermutet" war wohl der falsche Begriff). Die Gefahr der dortigen Islamisten darf nicht unterschätzt werden, aber rechtfertigt dies ein generelles Verbot des Schleiers oder der uigurischen Sprache? Soll man nun in Deutschland Türkisch und Arabisch verbieten, nur weil potenzielle Terroristen diese Sprache beherrschen? Ein klares Ja für ein Verbot der Burqa, aber ein Nein gegen ein Verbot des Schleiers in allen Bereichen.

Die Islamisten streben bekanntlich nicht nach einem unabhängigen Ostturkestan oder unabhängigen Tschetschenien, nein, sie streben einen transnationales islamisches Kalifat an. Dass sie sich die dortigen Konflikte aber zu nutzen machen, steht außer Frage.

e) Keine Lautsprecher für Muezzine und keine Moscheebesuche für unter 18-Jährige
"In einem Update treibt es Zirkumflex nun noch bunter: Er beklagt, dass die Muezzine keine Lautsprecher benutzen dürfen um zum Gebet zu rufen und Jugendliche unter 18 nicht in die Moschee dürfen. Dies ist wirklich ein Armutszeugnis…"

Ich schrieb:
"Muezzine dürfen demnach keine Lautsprecher zum Ruf zum Gebet benutzen, Jugendliche unter 18 dürfen nicht einmal in eine Moschee."

Ich entdecke in meiner Wortwahl weit und breit kein Klage. Das war nur das simple Wiedergeben einer Tatsache. Eine Wertung habe ich mir erspart, füge ich aber nun gerne hinzu.
Das Muezzine keine Lautsprecher zum Ruf zum Gebet benutzen dürfen, hängt von den lokalen Begebenheiten ab. Fühlen sich die Anwohner nicht gestört, warum sollte er ihn dann nicht benutzen dürfen? Fühlen sich die Anwohner jedoch belästigt, ist ein Verbot angebracht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass in einer Stadt wie Kashgar mit 10% Han-Chinesen, welche in eigenen Vierteln leben, diese sich durch Lautsprecher belästigt fühlen würden.

Dass unter 18-Jährige nicht in eine Moschee dürfen, ist ein Armutszeugnis der chinesischen Regierung nicht mit den Problemen, welche der Islam mit sich bringt, umgehen zu können. Dies treibt die unter 18-Jährigen geradezu in die Arme von radikalen hinter-Hof Imame. Dabei sind die meisten Imame in den größeren Moscheen selbst von der chinesischen Regierung eingesetzt.

Was will uns der Blogger von BadBlog also eigentlich sagen? Dass China alles richtig macht in seinem Kampf gegen den islamistischen Terrorismus? Dass Moscheen jugendgefährdende Einrichtungen sind? Dass man die Sprache der Terroristen verbieten muss? Dass mit Verboten das Problem verschwindet?

Eine differenzierte Ansicht der Dinge ist auf jeden Fall wichtig und notwendig. Aber man sollte es nicht übertreiben und einen Staat, der die Menschenrechte massiv missachtet, schützen.

3 Kommentare:

mrpresident hat gesagt…

Ich habe auch schon Artikel über die Lage der Uighuren in Xinjiang geschrieben und mir wurde von Bad Blog der Vorwurf gemacht die Uighuren zu ignorieren. Das ist ein Standardvorwurf vom Herrn Nigma. Einfach ignorieren!

Aversion hat gesagt…

Ach so, danke ;-)

mrpresident hat gesagt…

Noch schlimmer wiegt, dass es sich bei Ihrem Artikel um einen "antichinesischen Artikel" handelt. Das hat der Kollege Nigma gar nicht gerne und wird dann eben mit einem wütenden "anti-tibetischen" Artikel beantwortet. I've been there, man! ;-)