22.06.2007

Artikel 5

Feuilleton auf der FAZ.net von Andreas Kilb über die dänische Künstlergruppe "Surrend"
"Der 22. Mai dieses Jahres war ein schlechter Tag für Jan Egesborg. Als er um acht Uhr morgens auf dem Karlsplatz in Wien ankam, wo er sich mit einer Fotografin der österreichischen Nachrichtenagentur APA verabredet hatte, bemerkte er, dass sich auffällig viele Polizisten rund um den Platz postiert hatten. Sie schienen auf etwas zu warten. Egesborg begann, die Plakate mit dem Bild des russischen Präsidenten Putin zwischen den Ringen einer Zielscheibe anzubringen, die er zum Staatsbesuch Putins in Österreich aus Kopenhagen mitgebracht hatte. Über dem Zielscheibenbild stand in Großbuchstaben „Erschießt Putin“ - und dahinter, in sehr viel kleinerer Schrift: „Journalisten?“"

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Etwa Robert Mugabe, der Tyrann des ostafrikanischen Landes Zimbabwe, gegen den Egesborg eine Anzeigenaktion entworfen hat, die in einer Zeichnung mit dem bildfüllend aufgeblasenen Körper Mugabes und der Unterschrift „Try Suicide!“ (Versuch es mit Selbstmord!) gipfelt. Oder General Mladic, der Schlächter von Srebrenica, den Egesborg auf einem Plakat mit Pistolenpenis und Bluthandschuhen porträtiert. Darunter steht: „Wir wissen, wann ihr Sex habt“."
„Als wir in Pozarevac ankamen, dem Heimatstädtchen von Milosevic“, erinnert sich Egesborg, „sagte ich zu Pia: Lass uns ein Kunstprojekt beginnen, mit dem wir direkt in die Schusslinie geraten. Lass uns den Psychopathen dieser Erde auf die Nerven gehen.“

"Sie hatten es geschafft, in der „Tehran Times“ eine Anzeige mit dem Kopf des Präsidenten Ahmadineschad und einem Begleittext unterzubringen, der scheinbar eine Solidaritätserklärung mit der iranischen Regierungspolitik darstellte. Las man aber nur die Anfangsbuchstaben der fünf Textzeilen, erschien das Wort „Swine“"

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Es zeigte den türkischen Regierungschef Erdogan vor einem Bildschirm mit dem Kopf des PKK-Führers Öcalan und der Unterschrift „Wir wissen, dass du kurdisches Fernsehen liebst!“. Egesborg rechnete damit, in Ankara verhaftet zu werden. „Überall war Militär.“ Aber die Soldaten lachten über die Karikatur."

"Auf den Postern stehen neben dem Porträt Lukaschenkas die Sätze „Ich bin so schön wie eine Kartoffel“ oder „Ich kontrolliere den Mond, die Sonne und die Korruption“. In Kassel klingt das fast wie ein Kompliment, in Tiraspol war es eine Kriegserklärung."

"[...] ebenso wie das Bild des Hizbullah-Anführers Hassan Nasrallah, der zwischen rauchenden Ruinen eine Ausgabe der „Jyllandsposten“ mit Mohammed-Karikaturen studiert, oder die Verfremdungen klassischer nationalsozialistischer Wahlplakate, mit denen Egesborg und Bertelsen den Siegeszug der NPD durch die ostdeutsche Provinz anprangern."

"„Uns wird immer wieder etwas Verrücktes einfallen.“ Der Tyrann aus Nordkorea etwa steht seit langem auf ihrer Liste. „Wir haben schon einige Ideen für ihn entwickelt.“ Hoffen wir, dass eine davon den Zensoren entgeht."

Es lebe die Meinungsfreiheit!

Surrend.org

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